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Personas im Kundenbestand abbilden

‘Personas’ und deren erfolgreicher Einsatz im Marketing stellen für viele Unternehmen eine nicht unbeträchtliche Herausforderung dar – und das aus mehreren Gründen:

Zu viele, zu schwierig zu bedienende ‚Personas‘, unklare Definitionen, Abgrenzungsprobleme wie Persona vs. Kundentyp vs. Zielgruppe, Custom Audience und Lookalikes, starke Ressourcenbindung im eigenen Unternehmen und die Kosten-Nutzen-Abwägung ist häufig unbefriedigend. Warum sich also dieser Herausforderung stellen? Weil – wenn gut gemacht und in der richtigen Branche eingesetzt – der Nutzen von ‚Personas‘ unzweifelhaft ist. Denn in einer digitalisierten und stark anonymisierten Welt mit informierten Konsumenten, sind Kundenbindung und eine persönliche Kundenansprache wichtiger denn je.

Während Zielgruppenbeschreibungen meist rein soziodemographisch und Kundentypen eher verhaltensorientiert sind, verstehen sich Personas primär bedürfnis- und einstellungsorientiert. Und gerade diese Bedürfnisorientierung verhilft Personas gegenüber den verhaltensorientierten Kundentypen zu echtem Mehrwert (ohne dass sie sich jedoch gegenseitig ausschliessen).

Was ist nun abstrahiert die Herausforderung bei der Abbildung von Personas in den Kundenbestand?
Während normalerweise Soziodemographie und die Verhaltensmerkmale im CRM (Customer Relationship Management System) gut abgebildet sind – und sich somit Zielgruppen und verschiedene Kundentypen relativ einfach direkt im CRM ableiten lassen – ist dies bei Personas deutlich schwieriger. Bedürfnisse, Einstellungen und Interessen müssen mit den vorhandenen Daten ‚übersetzt‘ und bestmöglich abgeleitet werden.

Die Bildung von Personas basiert deshalb häufig auf qualitativen und / oder quantitativen Marktforschungsstudien mit eigenen Kunden oder auf Studien von Personen aus externen Quellen.

  • Die Spezifika der Personas sind nur für ein Befragungssample bekannt und haben meist keine direkte Entsprechung in online- oder offline-Merkmalen der Kundendaten
  • Für eine bedürfnis- und einstellungsorientierte Kommunikation und relevante Angebote muss bekannt sein, welche Kunden welcher Persona angehören
  • und wie sich dann die Personas im Kundenbestand verteilen

Personas ohne Abbildung im CRM haben also einen geringeren praktischen Wert, daher ist eine Rückabbildung im CRM sehr zu empfehlen.

Wofür benötigen oder verwenden Unternehmen ‚Personas‘?

Der Fokus kann auf ganz unterschiedlichen Aspekten liegen:

  • Erzeugen und Pflegen einer unternehmensweiten visuell gestützten Vorstellung hinsichtlich Kunden-Teilgruppen zwecks Angebotsoptimierung, App- / Produktentwicklung und Kommunikation
  • Ausschliesslich kreative Kommunikationsgestaltung
  • Personalisierte Ansprache und Verfügbarkeit der Persona Zuordnung im CRM

Bezüglich letztem Punkt ist eine Rückabbildung auf den Kundenstamm zwingend notwendig.

Wie werden ‚Personas‘ gebildet?

Dies ist zwar nicht das Kernthema hier, wird aber trotzdem kurz und idealtypisch skizziert.
Wenn das Ziel die Rückabbildung von Personas in den Kundenbestand ist, dann sollte dies bereits von Beginn an bedacht werden und entsprechend in die Planung dieses komplexen Prozesses einfliessen:

  1.  Konzeptionelle Überlegungen zu Bedeutung, Bedarf, Einsatzbereich, etc. von Personas
  2.  Pre-Analysen wie Kundensegmentierung, -Typologie aus quantitativer Marktforschung
  3.  Persona Entwicklung, Identifikation und Formulierung auf Basis qualitativer Interviews
  4.  Qualitative Aufbereitung und Ausgestaltung der Ergebnisse je nach Fokus im Unternehmen
  5.  Quantitative Aufbereitung mit der:
  • Validierung der Persona (Vorbereitung Rückabbildung)
  • Personalisierung der Person (effektive Rückabbildung)

Der fünfte Punkt ist derjenige, den wir nun etwas genauer anschauen wollen:

Was versteht man unter (Rück-)Abbildung von ‚Personas‘?

Rückabbildung ist quasi die ‚Personalisierung der Persona‘ in der CRM Datenbasis, das heisst:

  • Rückabbildung ist die Umrechnung der anhand eines Samples gewonnenen Personas auf den Kundenbestand 
  • Dies geschieht durch besondere Verknüpfungsregeln oder Scores, welche die Personas mittels Kundendaten beschreiben
  • Angewandt auf den Kundenbestand erhält jeder Kunde mindestens eine Persona Zuordnung und eine darauf bezogene Wahrscheinlichkeit.

Umsetzungsschritte (Rück-)Abbildung von ‚Personas‘

Um die eigentliche Rückabbildung zum Erfolg zu bringen, sollten einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Validierung der gefundenen Personas:

Mit der Validierung wird die Gültigkeit der bisherigen Ergebnisse und deren Replizierbarkeit rückbestätigt.

Inhaltlich qualitativ gilt es die Ein- oder Mehrdeutigkeit von Haupt- und Nebenmotiven der Personas in ihrem Zusammenspiel kritisch zu beurteilen. Abhängig von gesellschaftlichen Veränderungen sind Wahrnehmungs- und Gewichtungsverschiebungen in der Bedeutung einzelner Motive plausibel.

Erkennt man dies auch quantitativ? Eine wichtige Informationsquelle sind Inkonsistenzen bei wiederholten quantitativen Analysen. Wenn z.B. bei einer erneuten Typologie-Befragung die bisherigen Personas nicht eindeutig bestätigt werden können, weil vorher trennscharfe Items dies neuerdings nicht mehr sind, sollte nachgehakt werden.

Dies lässt sich mit dem Einsatz der Top Typologie Items im Rahmen einer Präferenzmessung (MaxDiff Analyse / Best Worst Scaling) realisieren, was im besten Fall zu trennscharfen ‘Key Questions’ führt.

‘Key Questions’ oder ‘Power Questions’ sind wenige, sehr aussagekräftige Fragen, die eine eindeutige Zuordnung von Personen zu Personas ermöglichen. Ihre Personas diskriminierende Qualität stellt sich häufig erst durch mehrfaches Überprüfen in unterschiedlichen Befragungskontexten heraus.

Eine weitere Voraussetzung: Qualitativ hochwertige Kundendaten

Für die Rückabbildung müssen ja die Personen im Sample mit ‚Kundendaten‘ angereichert werden, die auch bei den nicht befragten Kunden zur Verfügung stehen.

  • Voraussetzungen sind viele hochwertige Kundendaten über die gesamte Kundenbasis hinweg wie Personen-, Verhaltens- und Kontaktdaten offline wie online
  • Je vielfältiger die zur Verfügung stehenden Daten sind, desto grösser ist die Chance damit Personas zu beschreiben, die aus komplett anderen Daten / Informationen, nämlich den Befragungsinhalten gebildet wurden

Das Wissen um diese Daten-/Quellen sollte also bereits in der Planungsphase antizipiert werden. Als Bindeglied zwischen qualitativen und quantitativen Informationen eignen sich Kundentypologien.

Zur weiteren Voraussetzung: Eine ausreichend grosse Modellierungsdatenbasis

Die Ausgangsstichprobe in den qualitativen Interviews für die Persona Entwicklung ist häufig sehr klein (10 bis 30 Interviews) und allein nicht ausreichend für quantitative Rückabbildungsansätze.
Was heisst ‚ausreichend grosse Modellierungsdatenbasis‘? Natürlich gibt es nicht die eine gültige Zahl. Aber, je mehr Personas desto grösser muss diese Basis sein. Dies gilt umso mehr, wenn die Personas inhaltlich dichter beieinanderliegen und / oder die im Kundenstamm vorhandenen Daten selbst thematisch wenig variabel sind (z.B. Bank Transaktions- oder Vertragsdaten).

Wie kann die Modellierungsdatenbasis vergrössert werden?

  • Einsatz von validen Personas Zuordnungen aus quantitativen (Typologie-)Befragungen
  • Einsatz von validen Personas Zuordnungen aus ‘Key Questions’

Rückabbildungsansätze

Je nach Systemumgebung und Erfüllen der Voraussetzungen kommen verschiedene Ansätze infrage:

  • Anwendung von Scoring Modellen / Regelwerken für die verschiedenen Personas
  • Einsatz von Key Questions via Trigger Emails in einer Marketing Automation Umgebung
  • Zuweisung nach Tracking von Verhaltensdaten in einer Customer Data Platform

Welche Rückabbildungsansätze Erfolg versprechend sind, hängt auch mit der ursprünglichen Befragungsdatenbasis zusammen: Handelt es sich bei den Befragten um eigene (und nicht anonyme) Kunden oder um Befragte in externen Datenquellen (wie z. B. WEMF Daten zum Konsumverhalten)?

Bei eigenen Kunden liegen Befragungsdaten und weitere Kundendaten von denselben Personen vor und die Personas lassen sich mittels der Transaktionsdaten / CRM-Daten beschreiben.

Bei Umfrageteilnehmern in externen Quellen besteht die Problematik darin, dass die anonym und allfällige Überschneidungen mit den eigenen Kunden unbekannt sind.
Zudem ist die Überschneidungsmenge an Merkmalen, die in beiden Quellen vorhanden sind, gering. Damit wird die Rückabbildung deutlich anspruchsvoller und eventuell ungenau bis unmöglich.

In dieser Ausgangslage muss quasi ein Zwischenschritt geleistet werden, indem unter Verwendung der in beiden Datenquellen vorhandenen Informationen (z.B. Regio-, Soziodemographie und Verhaltensmerkmale) eine Rückabbildungsfunktion entwickelt wird.

Methoden – Scoring / differenzierende Regelwerke / Künstliche Intelligenz (KI)

Zum Rückabbildungsansatz: Anwendung von Scoring Modellen / Regelwerken für Personas

Mittels verschiedener (Machine Learning) Algorithmen wird versucht, die gefundenen Personas zuverlässig gegeneinander abzugrenzen oder im Vergleich zur Kundenbasis zu beschreiben. Dafür verwendet man die ‚klassischen‘ Methoden wie Entscheidungsbäume, Regressionsanalysen und ’neuere‘ Algorithmen wie z.B. selbstlernende neuronale Netze.

(Rück-)Abbildung nach Binnendifferenzierung von Personas via Entscheidungsbaum (decision tree):

  • Vergleich der Personas-Kunden untereinander
  • Im besten Fall erhält man n Regelwerke nur auf den angereicherten Merkmalen, die zuverlässig (mit einer Sicherheit von jeweils > 70%) die n Personas differenzieren
  • Diese Regelwerke werden dann auf den Kundenbestand angewendet; pro Kunde ergibt dies eine Persona-Zuordnung und eine Zuordnungswahrscheinlichkeit
  • Herausforderung ist die Güte des differenzierenden Regelwerks: ist sie zu tief scheidet dieser Ansatz aus

(Rück-)Abbildung nach Regressionsmodellen gegen den Kundenbestand:

  • Vergleiche der Kunden der Personas mit dem aktiven Kundenbestand
  • Pro Persona ergibt dies je eine Regressionsgleichung und nach deren Anwendung pro Kunde einen Score und ein Score-Segment für jede der Personas
  • In den Topsegmenten pro Persona befinden sich diejenigen Kunden, deren Präferenzen am besten mit dem Bild der jeweiligen Persona übereinstimmen
  • Bei den Regressionen ist die Modellgüte selten ein Problem

Hier kann es passieren, dass ‚indifferente‘ Kunden in allen Modellen sehr ähnlich eingestuft sind, was zwar formal das Potenzial, aber nicht die Reaktion auf Personas spezifische Angebote erhöht.

Zum Rückabbildungsansatz: Key Questions in Kundenkontaktsituationen einsetzen

Valide und zuverlässige Key Questions können in ausgewählten Kundenkontaktsituationen ins Spiel gebracht werden und tragen dazu bei, den Anteil an Kunden mit bekannter Persona zu erhöhen.
Eine sehr passende Situation und Beispiel sind Trigger Emails nach einem Kauf. In dem Email ist dann die Verlinkung auf die Fragen, die wiederum eine Persona Zuordnung ermöglichen. Im besten Fall können mittels Key Questions auch Personen beim Erstkontakt zugeordnet werden.

Zum Ansatz: Zuweisung nach Tracking von Verhaltensdaten in einer Customer Data Platform

Bei diesem Ansatz geht es darum, das Verhaltensprofil der Personas zu präzisieren bzw. zu erweitern.

In einer Customer Data Platform kommen Informationen aus diversen Datenquellen, teilweise in Echtzeit, zusammen und liefern Unmengen an bis dato nicht (strukturiert) vorliegenden Daten.

  • Kunden mit bekannter Personas Zuordnung generieren ebenfalls solche Daten
  • Selbstlernende Algorithmen entdecken Strukturen in allen Daten und können die bekannten Informationen zu den Personas um bisher unbekannte ergänzen
  • Dadurch können analog zu Facebook Lookalikes Kunden / User mit ähnlichen Verhaltensstrukturen erkannt werden

Vielfach verfügen Unternehmen noch nicht über eine Systemumgebung, die diese Variante ermöglicht. Deshalb ist der Ansatz nur kurz skizziert worden.
Aber, natürlich ist eine solche Umgebung nicht nur zur Personas Rückabbildung geeignet.

Einsatz der ‚Personas‘ im Marketing

Der ganze Effort von Personas Entwicklung und Rückabbildung lohnt sich nur, wenn mit den Ergebnissen gearbeitet und getestet wird. Beweisen sich in Testkampagnen Nutzen und Qualität der Personas, kann davon ausgegangen werden, dass insgesamt ein Mehrgewinn erzielt werden kann als Konsequenz von …

  • Personas adäquater Kommunikation inkl. zielgerechter Selektion
  • Personas bezogener Kampagnenplanung und -ausgestaltung
  • Personas angepassten Produktangeboten im optimale Verkaufskanal

Tücken und Chancen

Auch wenn einmalig Personas sehr erfolgreich entwickelt und eingesetzt wurden, so bedeutet dies noch nicht das Ende der Auseinandersetzung mit dem Thema:

  • Selbst bei bester Validierungs- und Rückabbildungsqualität – Personas ‚leben‘ und sind keine statischen Konstrukte. Eine regelmässige Überprüfung und Anpassung kann also notwendig werden. Dies gilt umso mehr, wenn der Einsatz von Personas erweitert werden soll
  • Deshalb muss das Know-How aus dem Prozess der Entwicklung, Bewertung und Nutzung von Personas längerfristig erhalten bleiben, am besten bei einem festen Project Owner
  • Chancen den gesamten Entwicklungs-, Validierungs- und Rückabbildungsprozess zu optimieren bestehen dann, wenn alle CRM relevanten Datenquellen in einer Umgebung konsolidiert sind und sie daraus flexibel genutzt werden können

Es würde uns freuen, Sie bei diesem komplexen und hoch interessanten Thema begleiten zu dürfen. Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf.